Derzeit besucht Stefan unsere Näherei in Indien und verschiedene unserer Zulieferer. Heute gibt es einen kleinen Überblick über die Erlebnisse der ersten Woche. Über die nächsten Wochen gibt es tiefergehende Infos zu den jeweiligen Aspekten.
In der ersten Woche besuchte ich unsere Partner in der Region Tirupur. Hier, in Velampalayam, ist auch „unsere“ Näherei, die Mila Fair Trade Clothing Company Pvt. Ltd. beheimatet.
Mittlerweile stehen dort 22 Nähmaschinen und auch das Lager mit bevorrateten Stoffen wächst beständig.
Da wir aber (gefühlt) immer noch am Anfang stehen, können wir permanent nur 7 Menschen auslasten und fest anstellen. Dies gibt einerseits ein gutes Gefühl, andererseits würden wir uns natürlich eine höhere Auslastung wünschen. Dies wiederum würde voraussetzen, dass mehr Menschen Produkte aus Fairtrade-zertifizierter Biobaumwolle kaufen.
Girish ist unser Mann vor Ort. Seit seiner Zeit als unser Einkäufer (3friends India) ist er unser Gesicht und unsere Stimme in Indien. Entsprechend wichtig ist hier der persönliche Austausch. Neben Gesprächen über die alltäglichen Probleme und Herausforderungen standen für Girish und mich die Abfallreduktion auf der Tagesordnung:
beim Zuschnitt des Stoffes fallen immer Stoffreste an, für deren weitere Verwendung wir sinnvolle Produktideen überlegten. Normalerweise gehen all diese Stoffreste an Recyclingbetriebe, die für ein KG Stoffrest ca. 12ct bezahlen. Sehr wenig für solch einen guten Stoff und nicht nachhaltig genug. Aus größeren Teilen kann man Kleinstkindershirts etc. fertigen, aber bei Stoffgrößen im DINA4-Format wird das schwieriger. Nun, wir arbeiten daran- seid gespannt!
Gemeinsam mit Girish besuchte ich auch Michael, den Marketing-Direktor von Shakthi-Knitting. Diese Firma ist in unserem Prozess für das Stricken des Stoffes und dem anschliessenden Färben verantwortlich.
Michael berichtete u.a. das es heutzutage praktisch unmöglich sei, „reine“ Biobaumwolle zu finden, denn die genmodifizierten Baumwollpflanzen sind mittlerweile auf so vielen Feldern zu finden, dass eine Kontamination der Biobaumwolle durch Pollenflug etc. kaum zu vermeiden ist. Er berichtet aber auch, dass in Indien NGOs verstärkt auf diese Gefahren (v.a. auch im Bereich der Lebensmittel) hinweisen und es Bestrebungen gibt, die genmodifizierten Pflanzen zurückzudrängen. Diese Bestrebungen werden aber nicht von der Regierung unterstützt, somit scheinen mir positive Effekte zweifelhaft.
Angesprochen auf sogenannte Cotton Blends (Baumwollmischungen von Biobaumwolle und konventioneller Baumwolle) schmunzelte er und meinte, dass das für die Anbieter solcher Produkte ideal ist. Zum Einen verstehen die wenigsten, was mit „Blend“ gemeint ist und zum Anderen kann niemand anklagen, dass „konventionelle“ Baumwolle (bzw. Rückstände aus deren Produktion) im Produkt gefunden wird. Obendrein sind sie bedeutend günstiger und schmücken sich dennoch mit „organic“.
Nächste Station war die Färberei von Shatki Knitting.
Die Färberei wird von Jayakumar geleitet. Sein Assistent nahm sich die Zeit uns durch die Anlage zu führen. Die Färberei setzt ausschliesslich GOTS-zertifizierte Farbstoffe ein, auch wenn große Teile der Stoffe aus konventioneller Baumwolle stammen. Dies ist eine strategische Entscheidung – man möchte einfach „saubere“ Produkte anbieten und hoffe, dass Kunden und Konsumenten dies honorieren. Da sich die wenigsten Menschen aber Gedanken über diesen Teil des Produktionsprozesses machen, kämpft man immer noch gegen Konkurrenz, die Abwässer ungeklärt in Flüsse einleiten.
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Die Färberei verbraucht pro Tag gut 400.000 Liter Wasser. Davon sind 70% Waschwasser und 30% das deutlich problematischere Färbewasser.
Ca 90-95% der Abwässer wird wieder dem Färbeprozess zugeführt.
Die in der Kläranlage anfallenden Feststoffe gehen teilweise an Zementwerke.
Es ist klar, dass eine solch aufwändige Reinigung natürlich mit Kosten verursacht sind, die andere Firmen vermeiden.
Die Kläranlage wurde in der Erwartung gebaut, dass ökologische Kriterien stärker in den
Fokus von Kunden und Konsumenten geraten und so ein Wettbewerbsvorteil entsteht. Diese Erwartung hat sich bis heute nicht erfüllt.
Besucht habe ich, gemeinsam mit Girish, auch noch unseren Druckpartner, Stylus Printers. Krishna Kumar, der Inhaber zeigte uns seine aktuellen Projekte. Unser letzter Auftrag wurde nur einen Tag vor meiner Ankunft gedruckt, so dass ich hier keine Bilder mit „unseren“ Drucken machen konnte.
Stylus Printers druckt sowohl von Hand wie auch mit „normalen“ Karusell-Druckmaschinen. Die verwendeten Druckfarben sind allesamt GOTS-zertifiziert. Die Spezialisierung führt viele Kunden der Bio-Fairtrade-Szene zu ihm, so bspw. bei meiner Anwesenheit Stella McCarthy.
Mittlerweile kommt Stylus immer öfter an seine Kapazitätsgrenzen. Allerdings scheut er auch die Investition in weitere Anlagen. Er meint, dass auch in der Bio-Szene die Kunden nicht auf verlässliche Partnerschaften setzten, sondern schnell in andere Regionen abwandern.
Um so wichtiger ist, dass Kunden nachfragen, wo ihre Produkte herkommen und nachfragen, wieso es hier womöglich öfters Wechsel bei den Lieferanten gibt. Denn ohne verbindliche, langfristige Lieferbeziehungen wird es keine Weiterentwicklung geben.
Und nun geht es weiter nach Odhisa, einem der ärmsten Landstriche Indiens. Hier wollen wir mit unserem Einkauf von Baumwolle ein Zeichen setzen. Über den Besuch freut sich die Kooperative und der Vorsteher meinte, dass es den Bauern auch immer einen Schub gäbe wenn mal jemand vorbei schaut. Kein Wunder, dauert die Anreise fast zwei Tage…